Da ich ab Benchmark nicht täglich meine Erlebnisse aufgeschrieben habe, sind die nächsten Ausführungen auch nicht datiert und bilden auch nicht alle Tage ab.
Hitchhike nach Helena / Hostel in Helena
Als ich nach Helena hitchhike, nimmt mich ein Paar in meinem Alter mit. Ed und Tricia. Sie sind total nett und laden mich zu sich nach Hause zum Abendessen ein. Es gibt Burger und ich schlage mir den Magen voll. Ed ist Operation Dessert Storm Veteran und hat für die Airforce gearbeitet. Er war in Deutschland, Spanien und Italien stationiert. Ich erzähle ihm, dass mein Exfreund während meines Studiums auch in Deutschland stationiert war und als einer der ersten Panzereinheiten auch in den Irak musste -und ziemlich traumatisiert zurück kam. Beide sind sehr betroffen, was gerade in den USA passiert und haben viele Fragen, wie das in Europa wahrgenommen wird. Es freut mich sehr, neben den Hikern andere Menschen näher kennenzulernen. Auch in meinem Hostel, dem Montana Inn in Helena,

komme ich mit dem Besitzer ins Gespräch…und mit einem 72-jährigen Rentner und passioniertem Fliegenfischer aus Florida, der mich unbedingt zum Fliegenfischen einladen will. Stundenlanges Rumsitzen und dann den gefangenen Fisch wieder zurück werfen…nicht gerade eine besonders attraktiver Zeitvertreib 🥱
Mac Donalds Pass nach Butte
Es ist erst kalt und neblig, obwohl es gestern noch richtig heiß mit über 30 Grad war, dann – als ich vom Mac Donald Pass losgehe – fängt es auch noch zu regnen an.

Es ist eiskalt und der Trail nach ein paar Kilometern kaum zu erkennen, weil er erst vor Kurzem wieder geöffnet wurde.

Erst hat das Mac Donald Feuer und die damit verbundenen Aufräumarbeiten und dann das Jericho Feuer dazu geführt, dass der Teil mehr als ein Jahr gesperrt war.

Es passiert, was passieren muss. Ich gehe einen falschen Weg. Das kostet mich 2 Kilometer und 300 hm. Als ich endlich den Trail finde, wundert es mich nicht, dass ich ihn übersehen habe. Es ist kaum eine Spur zu erahnen und überall liegen umgestürzte Bäume kreuz und quer. Bei dem Regen, Wind und der Kälte ist aber jeder Kilometer mehr die Hölle. Irgendwann komme ich auf eine Dirtroad und es kommt mir ein Auto entgegen. Es sind 2 junge Trailangels, die einer Gruppe Essen und Trinken vorbei gebracht haben. Ich bekomme eine Banane und ein Bier, das ich aus Höflichkeit annehme. Ich würde es sowieso nicht trinken und außerdem ist die Plastikflasche schwer. Daher schütte ich es aus.
Ich bin wieder einmal komplett durchnässt. In den Schuhen steht das Wasser und meine Füße spüre ich vor Kälte kaum mehr.

Es geht zum Glück ständig bergauf, so dass ich wenigstens von Innen heraus Wärme produziere. Dann endlich, nach 32 Kilometern, komme ich an einem geeigneten Zeltplatz an. Ich versuche, so gut es geht, die Nässe aus dem Zelt draußen zu halten und mir etwas Trockenes anzuziehen. Zum Glück habe ich noch ein paar Fußwärmer dabei – die letzten. Ich schlafe kurz ein. Als ich aufwache, sehe ich, dass neben meinem Zelt noch 9 weitere dazu gekommen sind. Wie am Campingplatz!
Nachts hat es nur noch 1 Grad, aber durch die warmen Füsse ist mir nicht kalt. Ich beschließe, vor allem anderen los zugehen. Ich fange um 5:30 das Zusammenpacken an und gehe dann um 6:30 los.

Es nieselt immer noch und ich esse zum Frühstück ein Stück Käse und trinke ein eiskaltes Red Bull, das ich im Safeway geschenkt bekommen habe, während ich schon den Berg hinauf gehe. Bis nachmittags nieselt es ununterbrochen. Als ich nach 20 Kilometern unbedingt etwas essen muss, hört der Regen dann doch auf und um 14:00 kommt sogar noch die Sonne raus. Ich finde ein paar Riesenknochen, von einem Hirsch oder Elch?

An einer passenden Stelle stoppen ich und trockne zusammen mit einem jungen Schotten und einem Tschechen meine ganzen nassen Sachen, vor allem das Zelt. Danach gehe ich noch 12 Kilometer weiter. Ich treffe auf die Trailcrew. Sie sägen die quer liegenden Baumstämme durch und machen den Trail frei. Sie freuen sich, als ich mich für ihre Arbeit bedanke.

Dann entscheide ich mich für einen Parallelweg zum CDT, weil ich diese Nacht kein Campingplatzfeeling möchte. Dort finde ich auch einen guten Campspot, wo ich nochmal die feuchten Sachen in die Sonne lege.
Der nächste Morgen beginnt mit wasserfiltern. Ich weiß gar nicht, wie viel Zeit man auf dem Trail mit dem Filtern verbringt! Gegen 7 Uhr geht’s dann los. Auf dem alten CDT komme ich in Leadville vorbei, einer verfallenen Bergwerkssiedlung.

Ansonsten ist der Weg angenehm, weil er ein schönes Panorama über die Landschaft bietet.

Statt der ersehnten Bisons sehe ich leider nur ein paar Kühe mit Kälbern und frage mich, ob die wohl mit den Bären ein Problem haben oder es hier keine Bären gibt.

Heute ist es wieder heiß und die Landschaft ist eher trocken. Das wechselt auf dem CDT wirklich ständig. An einer Dirtroad biege ich in Richtung Butte ab und gehe auf ihr noch ein paar Kilometer bergab, bis ich eine geeignete Zeltstelle finde.
Am nächsten Tag nichts Spannendes. Zum Zeitvertreib habe ich ein paar Schattenbilder gemacht.


Zeroday in Butte
In Butte verbringe in auf einem Campingplatz einen Zero-Tag, um mich zu erholen und alles Weitere zu planen. Ich treffe zwei andere Hiker, eine junge Deutsche und wieder den Schotten, mit dem ich schon gemeinsam die Zelte auf dem Trail getrocknet habe.

Ich fahre mit der Deutschen zum Walmart mit dem Bus. Als wir wieder zurück wollen, stellen wir fest, dass kein Bus mehr fährt. Also hitchhiken wir. Es hält ein junger Mann in einen vollgepackten Pickup an. Wir schieben auf dem einzigen, durchgehenden Vordersitz alles zur Seite und quetschen uns ins Auto. Ich sitze neben einem einem ziemlich großen Gewehr mit Visier, meine Füße stehen auf einer 44-er Magnum und einem Patronengürtel mit ziemlich vielen und echt großen Patronen….na ja, wir sind halt in Montana. Da ist das ganz normal. Wir haben eine recht witzige Unterhaltung und er fährt und direkt zum Campingplatz.
Von Lima (Monida) nach West Yellowstone
Um mehr Zeit im Yellowstone National Park verbringen zu können, entscheide ich mich, einen Teil des Trails zu überspringen. Um 5 Uhr morgens fahre ich mit dem Salt Lake Express von Butte nach Lima.

Der Fahrer ist total nett und schlägt vor, mich statt in Lima in Monida abzusetzen, was mich viel näher an den Trail bringt. Das ist natürlich super, weil ich mir so die Kosten für die Fahrt von Lima zum Trail spare. Ich gebe ihm 10 $ Trinkgeld und er freut sich total. An den beiden Autobahnbrücken bei Monida gibt es ein „Schwalbeneldorado'“.


Zuerst muss ich gute 2 Kilometer direkt neben der Interstate 15 gehen, es ist aber wenig Verkehr, so dass es nicht unangenehm ist.


Dann geht es noch weitere 5 Kilometer auf einem Nebenweg der Interstate entlang, bis dann eine Dirtroad nach einem Bahnübergang in die weite steppenartige Landschaft abzweigt.

Ich bin hier immer über 2000 Meter hoch, so dass es nicht verwunderlich ist, dass es ähnlich wie in der Hochebene der Anden aussieht.




Bis nach West Yellowstone werde ich auch über 3000 Meter hohe Pässe gehen. Ich hoffe sehr, dass es nicht allzu kalt wird. In Butte habe ich mir im Walmart noch extra eine besonders hübsche und hoffentlich warme Schlafanzughose gekauft, weil es mir bisher oft an den Beinen zu kalt war.

Ein Sportgeschäft gab es dort leider nicht, denn ich wollte eigentlich ein Schlafsack Inlett haben.
Es ist heute ziemlich stürmisch und ich hoffe, dass es kein Gewitter gibt. Der Himmel ist wolkenverhangen.

Wasser ist hier eher Mangelware und so muss ich, wie auch zwei andere Wanderer, mit dem grünlich-schlierigem Wasser aus einem Tümpel zufrieden sein. Es ist nach dem Filtern immer noch grün und schmeckt holzig. Morgen werde ich dann an einem richtigen Creek vorbei kommen und kann da wieder besseres Wasser bekommen. Nach einem langen steilen Aufstieg suche ich eine geeignete Zeltstelle, aber das ist schwierig, weil es so viele abgestorbene Bäume gibt – widowmakers nennt man die hier. Aber irgendwann finde ich doch eine ungefährliche und einigermaßen ebene Stelle und fliehe vor den Stechfliegen ins Zelt.
Am nächsten Tag bin ich total müde. Wahrscheinlich war der steile Anstieg, den ich gestern am Nachmittag im Trailrunningstil absolviert habe, doch zu viel. Ich frühstücke mitten am Trail

und mache mich dann auf den Weg zur Rock Spring in 5,5 Kilometer Entfernung. Ich brauche nämlich dringend Wasser. Der Weg dorthin ist wirklich schön und die Aussicht gefällt mir gut. Es geht bis auf fast 2800 Meter heute und nach 15 Kilometern habe ich das Gefühl, dass ich keine Kraft habe. Ich weiß nicht, ob es die Höhe oder die Müdigkeit ist. Essen und Trinken hilft auch nicht und so schleppe ich mich 30 Kilometer durchs Gebirge.


Bis auf wenige, etwas langweiligere Abschnitte ist es aber landschaftlich sehr schön und, am Ende meiner Tour, sehe ich kurz einen jungen Schwarzbären. Er ist genau hinter einer Kurve und so kann ich nicht weitergehen, weil die Mutter ja bestimmt auch in der Nähe ist. Ich sage ein paar Mal „hey bear“ und stelle mich auf einen Baumstamm, um mehr zu sehen. Dann gehe ich weiter, während ich vor mich hin rede. Der Bär bzw. die Bären sind verschwunden. Dafür sehe ich noch ein junges Reh, das es sich vor einem Baum in der Sonne gemütlich gemacht hat.

Kurz danach erreiche ich den Creek bei der heutigen Camp-Stelle. Ich fülle die Flaschen auf und wasche meine total verdreckten Füße, auch wenn die Sauberkeit nur von kurzer Dauer sein wird.

Nur ein paar hundert Meter weiter ist die Campsite. Heute eine echt tolle, mit Tisch, Feuerstelle und Bärenbox. So muss ich meine bearbag heute nicht an einen passenden Baum binden und ich muss nicht am Boden essen!

Nach einer gemütlichen Nacht starte ich heute mit mehr Elan. Es geht zwar gleich bergauf, aber ich treffe nach ein paar hundert Höhenmetern einen CDT Hiker, der mir entgegen kommt. Er erzählt mir, dass im Yellowstone ein Bär versucht hat, seinen Rucksack wegzuschleppen. Er hatte ihn zwei Mal mit Bärenspray angesprüht, ohne großen Erfolg und erst das dritte Mal hätte ihn dazu gebracht, vom Rucksack abzulassen. Dass die Geschichte grundsätzlich stimmt, werde ich später in West Yellowstone feststellen, da die Ranger im Besucherzentrum mir erzählen werden, dass das Camp wegen dieses Bärenvorfalls tatsächlich gesperrt wurde.
Dann geht’s in nicht besonders steilen, breiten Serpentinen bis auf fast 3000 m rauf. Der Wind ist extrem und oben angekommen muss ich am dem Kamm noch 2 Kilometer weitergehen. Ich beeile mich, weil ich hier nicht von einem Gewitter überrascht werden möchte. Der Weg entlang und hinunter zieht sich endlos in die Länge. Ich verliere kaum Höhe und das Zrailrunning bergab mit dem Rucksack ist anstrengend und belastet meine Knie und Füße. Landschaftlich ist es aber wirklich super schön.

Endlich komme ich in ein Waldstück, das Schutz vor dem Wind bietet und dort finde ich auch eine ideale Stelle fürs Zelt.


Ich bin am nächsten Morgen zeitig wach und schon um 6:20 unterwegs. Es geht bergab und ich sehe eine ganze Gruppe Hirsche ein gutes Stück unterhalb des Wegs.

Mir gefällt dir bergige Landschaft, die so viele schöne Fernblicke bietet. Ich filtere Wasser und esse Mandel M&MS,

durchqueren ein paar Bäche


und komme dann in ein Flusstal, das erst durch Wiesen mit wunderschönen Blumen führt




und dann in einen etwas wilden Canyon mit sicher nicht TÜV geprüfter Brücke.


Wie so oft, ist der Trail kaum zu finden, wobei hier der Weg ja einigermaßen klar ist, was leider oftmals nicht der Fall ist.

Die letzten 10 Kilometer ziehen sich dann auf einer Dirtroad. Die Sonne brennt herunter und es geht bergauf. Es nervt.. Irgendwie erinnert mich die Landschaft an bergige Savannen, wie ich sie schon in Afrika schon gesehen habe.

Ich habe keine Lust mehr, bis zu einer in der App genannten Camp-Stelle zu gehen und baue mein Zelt unter einem schönen Baum auf, der wohl auch schon vielen Kühen einen guten Unterstand geboten hat – den getrockneten Kuhfladen nach zu schließen.

Nach einer angenehmen Nacht geht’s am nächsten Morgen erst mal gemütlich bergab. Die Wegefindung ist dann wieder einmal echt schwierig und ohne App wäre es unmöglich, aber das ist ja nichts Neues. Nach einigem Auf und Ab erreiche ich einen Creek, wo ich pausiere und eine ganze Menge Wasser auffülle, bevor es dann auf den Targhee Pass mit 3.050 Metern geht. Die Stechfliegen und Pferdebremsen motivieren mich, die Serpentinen zügig hochzugehen.🫡

Weil es landschaftlich echt schön ist und ich durch die Serpentinen mal in die eine und dann in die andere Richtung eine schöne Aussicht habe, sind die vielen Höhenmeter auch kein Problem. Oben am Targhee Pass ist die Aussicht toll


und es gibt Steine mit echt besonderem Muster.

Beim Abstieg sehe ich dann noch eine Elchkuh mit einem Jungen. Das freut mich wirklich sehr, weil das hier eine eher seltene Begegnung ist.

Es dauert etwas, bis ich eine gute Camp-Stelle finde, auch wenn hier Stechfliegen und Bremsen nur auf ihre Chance warten, ins Zelt zu kommen.


Der nächste Tag beginnt mit der angenehmen Aussicht, dass es nur 19 Kilometer und 500 Höhenmeter sind, bis ich in West Yellowstone ankomme. Auch heute ist es landschaftlich wieder wirklich schön.




Als ich dann an der Interstate 20 ankomme, sehe ich, wie auf der anderen Straßenseite ein Hiker ein Auto anhält. Ich springe durchs Gebüsch und hoffe, irgendwie schnell über die doch viel befahrene Straße zu kommen…und ich habe Glück. Ich schaffe es auf die andere Straßenseite und das Auto, das gerade angehalten hat, nimmt mich und den anderen Hikern mit nach West Yellowstone. Ich bin echt froh, dass das so ruckzuck geklappt hat. Der Fahrer fährt mich sogar gleich bis zum Campingplatz.
West Yellowstone ist echt eine totale Touristenhochburg. Souvenirshops, Restaurants und Motels wechseln sich ab und die Unterkünfte hier sind gerade jetzt in der Hochsaison sehr teuer. Da bleibe ich lieber für 38$ auf dem Campingplatz – zwischen riesigen RVs eingeklemmt im Staub – aber immerhin ist der Manager total nett und leiht mir sogar sein Fahrrad.



In Besucherzentrum hole ich mir mein Backcountry Permit für die Backcountry Campsites im Park ab. Dann erkundige ich mich noch, welche Bereiche im Park für mich besonders interessant sein könnten. Ich habe ja für drei Tage ein Auto gemietet und einen entsprechenden Campingplatz im Park reserviert – immerhin einen mit Pittoilet und einem Wasserhahn, aber nervige Generatoren, wir sie die RVs alle haben, sind nicht erlaubt. Ich freue mich schon auf die nächsten Tage🤩