30.05.2025

Fast pünktlich werde ich von meinem Blackfoot Indianer Fahrservice abgeholt und zum Trailstart an der kanadischen Grenze (Chief Mountain) gebracht. Auf dem Weg dorthin erzählt sie mir alles mögliche über die Blackfoot und das Land, das ihnen ’noch‘ gehört. An der Grenze angekommen, gibt sie mir noch einen in eine Serviette mit eingerolltem Tabak mit, den ein Medizinmann in seinem Bundle hatte. Sie verstreut auch etwas Tabak in alle Himmelsrichtungen, angefangen mit dem Osten und erklärt mir, dass ich das auch tun soll, wenn ich Angst habe oder unsicher fühle. Dann fährt sie weg und lässt dann noch einen Kriegerschrei „Yiha“ los, den ich zukünftig für meinen Hike nutzen soll, um die Bären auf mich aufmerksam zu machen. Ist echt irgendwie spannend. Dann gehe ich in Richtung Grenzposten. Die Grenzbeamtin fragt mich, ob ich CDT Hiker bin. Sie ist total nett und zeigt mir, dass ich über die US-Grenze ins quasi Niemandsland zwischen den USA und Kanada gehen soll, denn dort steht das offizielle CDT Monument. Ich gehe dort hin, mache ein kurzes Foto und gehe dann wieder zurück.

Als ich sie dann noch einmal treffe, sagt die mir, dass ich aufpassen soll, weil ein jugendlicher Grizzly in der Gegend herumstreunt, der recht furchtlos sein soll. Dann bin ich noch Star einer größeren Reisetruppe älterer US-Amerikaner, die mich nach meinem Hike befragen und mich photografieren. Jetzt weiß ich, wie sich die Grizzlys am Straßenrand fühlen.😉. Am Trailanfang ist dann auch gleich ein Schild angebracht, das erklärt, dass mehrere Campsites wegen Bärenaktivität geschlossen sind.

Als ich dann auch schon auf den ersten Metern Bärenkot sehe, weiss ich, dass ab und zu ein Schrei der Blackfootkrieger nicht schaden kann. Als ich nach ein paar Kilometern wieder einmal einen kurzen Kriegerschrei los lasse, bekomme ich unerwartet Antwort. Es ist Alison, eine Rangerin, mit der ich eine nette Unterhaltung habe, nachdem sie mein Permit gecheckt hat. Die Landschaft ist wirklich traumhaft.

Es ist warm, aber durch den Wind gut auszuhalten. Der betreibt auch die Mücken recht gut. Hier gibt’s auch schöne Hängebrücken, die das überqueren der Creeks angenehm machen.

Kurz vor dem Erreichen der Campsite am Lake Elizabeth, entdecke ich einen Trail, der zum Wasserfall führt – und was soll ich sagen, der ist wirklich awesome, wie man hier sagt.

Dann komme ich zum Lake Elizabeth und auch der ist ein Traum.

Ich deponiere mein Essen und alles andere, was irgendeinen Geruch hat, in der Bärenbox, baue mein Zelt auf, esse und erfrische mich im See. Was für ein schöner Tag!

01.07.2025

Nach einem guten Oatmeal mit Trailmix und getrockneter Ananas starte ich den Aufstieg auf den Red Gap Pass (ca. 2.300m). Der Aufstieg ist abwechslungsreich und noch schön schattig.

Der Blick auf den von den Bergen umgebenen Elizabeth Lake ist wunderschön. Nach guten 800 hm komme ich oben an und genieße tollen Ausblick. Es kommen auch noch ein paar CDT Hiker und dazu, die zu viel Essen dabei haben und etwas mit mir teilen. Da freue ich mich immer, weil ich ständig Hunger habe.

Nach einer ausgiebigen Pause außer beginne ich den Abstieg zum Poia Lake. Es ist mittlerweile ziemlich heiß und ich habe Mitleid mit den Hikern, die mir entgegen kommen und in der prallen Sonne auf den Pass aufsteigen. Ich bin froh, als ich an dem wunderschönen Poia Lake ankomme.

Hier muss ich mein Essen an die dafür vorgesehene Stange hängen, was auch gut klappt. Ich suche mir den schattigsten Zeltplatz von den vier vorhandenen Plätzen aus und baue das Zelt auf.

Dann, endlich nehme ich ein schönes Bad im kühlen See. Der kleine Strand mit dem Ausblick auf die Berge und den Red Gap Pass ist traumhaft. Zum Glück weht hier auch der Wind, der die Mücken gut vertreibt. Dann koche ich mir mein Abendessen und gehe auch bald ins Zelt, weil ich ziemlich müde bin. Außer mir ist nur noch ein anderer Wanderer da. 

02.07.2025

Ohne bestimmten Grund habe ich die Nacht nicht gut geschlafen. Daher bin ich in der Früh ziemlich müde und geschafft. Trotzdem starte ich zeitig, weil ich den kühlen Morgen nutzen will. Leider verliere ich auf dem Weg bergab meine Sonnenbrille und so gehe ich ein ganzen Stück bergauf wieder zurück und finde sie zum Glück. Ich bin froh, dass die heutige Etappe nicht so lang ist und auch nicht so viele Höhenmeter zu bewältigen sind. In einer großen matschigen Stelle entdecke ich mitten auf dem Trail einen ziemlich großen und auch recht frischen Abdruck einer Bärentatze und frischen Bärenkot.

Der Bär war wohl in die entgegengesetzte Richtung unterwegs und ich bin froh, dass ich immer wieder ‚yiha‘ rufe und ab und zu was singe. Dass das wirklich wichtig ist, erfahre ich später in Many Glacier, als mir ein Hiker von seiner heutigen Begegnung mit einem Grizzly und einem Schwarzbären mit einem Jungen erzählt.  Der Grizzly war wohl weit genug weg, aber das Schwarzbärenjunge ist nur ca. 10 Meter vor ihm aus dem Gebüsch gekommen und er konnte sich gerade noch irgendwie zurück ziehen, bevor die Bärenmutter hinterher kam. Er hatte schon das Bärenspray im Anschlag und hat den Bären laut angeschrien. Die Mutter war wohl nicht so begeistert von der so nahen Begegnung und hat den Kopf hin und her geschwenkt, was ein aggressives Zeichen bei Bären ist. Der Vorfall hat ihn natürlich ziemlich mitgenommen und für mich eine gute Erinnerungen, dass man immer aufmerksam sein muss. Genau da, wo diese Begegnungen stattfand, werde ich morgen auch entlang gehen. Ich werde natürlich besonders aufmerksam sein und noch öfters als bisher reden, rufen und singen.

Das Many Glacier Hotel, bzw. der Zeltplatz dort, ist mein heutiges Ziel. Es hat eine tolle Lage. Der Berg direkt vor dem Hotel ähnelt dem Matterhorn.

Im Hotel sind auch überall schweizer Flaggen abgebildet und der kleine Shop heißt „Heidi’s coffee and snacks“.

Außerdem haben alle männlichen Angestellten Lederhosen und Wadelstrümpfe an. Ist echt lustig!

Im Hotel ist trotzdem alles sehr leger. Die Gäste sitzen zum Teil barfuß oder nur mit Socken herum, so dass ich auch nicht weiter auffalle. Auch WiFi bekomme ich, obwohl das ja eigentlich nur für Gäste ist. So relaxe ich den halben Tag mal in der Lobby, mal auf der Terrasse, wo ich die Aussicht genieße und auch auf der anderen Uferseite einen Elch sehe. Auf der Campsite, die ein Stück hinter dem Hotel liegt, ist auch nur der Hiker mit der unangenehmen Bärenbegegnung. 

03.07.2025

Um 6:45 starte ich, weil ich unbedingt vor möglichen Gewittern oben auf dem Piegan Pass sein will. Ich fülle im Hotel noch Wasser auf und dann geht’s auch schon los. Aufgrund der Bärengeschichte von gestern und den vielen frischen Bärenkothaufen auf dem Trail singe ich fast ununterbrochen. Ich bin nur froh, dass es die ersten 7 Kilometer nicht steil bergauf geht. So habe ich genug Luft übrig. Es ist hier alles auch recht zugewachsen, so dass man kaum sieht, wer so links und rechts rumschleicht. Kein Wunder, dass der Hiker gestern ziemlich überrascht von der Bärenbegegnung war. Außerdem ist es heute extrem windig und daher umso wichtiger laut zu sein. Dann komme ich zu den Morning Eagle Falls.

Von da ab wird es steiler und der Wind bläst so stark, dass ich aufpassen muss, dass alles am Rucksack wirklich sicher befestigt ist. Ich treffe einen Trailrunner, der mich fragt, ob ich einen Grizzly mit Jungem gesehen habe. Er hat die beiden von weiter oben gesehen und meinte, dass sie in Richtung Trail unterwegs waren. Trailrunning im Grizzlygebiet – ich finde das ziemlich riskant. Nach über 1000 Höhenmetern bin ich oben am Piegan Pass und finde eine halbwegs windgeschützte Stelle, wo ich Pause mache. Auf einmal kommt ein total süßes Murmeltier direkt zu mir, so nah, dass ich es anfassen kann. Es hat überhaupt keine Angst und frisst gemütlich vor sich hin. So nah habe ich noch nie eines gesehen. Dann können auch noch einige Pikas dazu. Auch die sind überhaupt nicht scheu.

Irgendwann breche ich dann aber doch auf. Der Abstieg bietet tolle Blicke. Die letzten Kilometer sind extrem zugewachsen und es geht steil bergab. Dann komme ich an der Hauptparkstraße an. Massen an Leute sammeln sich dort. Nach weiteren drei Kilometern bin ich am Ziel.

Ich überquere die Hängebrücke am Reynolds Creek und hänge als erstes mein Essen auf. Es gibt an diesem Camp nur drei Plätze, auf denen jeweils bis zu vier Personen zelten können. Ich bleibe aber allein, was ich nicht verstehen kann, denn die Lage des Camps ist echt toll und es gibt kein weiteres in der Nähe, aber vielleicht liegt es daran, dass morgen Independence Day ist und alle da ja eher in großer Feierlaune sind.

04.07.2025

Die Nacht war sehr gemütlich und ich starte heute zum Red Eagle Lake. Der Weg führt zuerst am Strand Mary Wasserfall und dann an den den Virginia Falls vorbei. Dort sind auch Tagestouristen unterwegs.

Ansonsten zieht sich diese Etappe etwas in die Länge. Heute ist der einzige Tag, an dem kein Pass zu überwinden ist.

Es bahnt sich langsam an, dass das Wetter umschlägt. Im Moment ist es noch recht warm und der Weg durch das brusthohe Gebüsch nervt etwas. Ich bin froh als ich endlich das Camp erreiche. Ich bin ziemlich durchgeschwitzt und nehme daher erst mal ein kurzes Bad im Red Eagle Lake, bevor ich das Zelt aufbaue.

Dann fängt es auch schon an zu regnen…und hört auch nicht mehr auf.

05.07.2025

Ich wache morgens auf und um mich herum ist alles ein matschiger kleiner See. Auch die Isomatte ist nass unten und ein warmes Frühstück fällt heute wohl aus, weil es keinen Unterstand außer dem stinkende Plumsklo gibt, wo ich geschützt meinen Gaskocher anwerfen könnte. Daher hole ich meinen Bärensack von der Stange, esse schnell einen Riegel und dann geht’s in voller Regenmontur auf zum Triple Divide Pass.

Der Weg dorthin ist wie durch eine Autowaschanlage…ich muss mir den Weg durchs nasse Grad und Gebüsch schlagen und werde mehr und mehr durchnässt. Dazu ist es auch ziemlich kalt und sehr windig. Auch muss ich gut 1000 hm bis oben überwinden. Es ist echt anstrengend. Stehenbleiben geht kaum, weil ich so durchnässt und durchgefroren bin. Irgendwann bin ich dann doch oben und hoffe, dass beim Abstieg der Wind weniger wird, was auch zum Glück der Fall ist. Es kommt mir sogar eine Gruppe von Tageswanderer entgegen, die mich mit Snacks und Süßigkeiten versorgen, weil ich offensichtlich so armselig aussehe. Am Camp angekommen, schlage ich mein Zelt so schnell wie möglich auf, um der Mückenhölle zu entkommen und versuche, mich aufzuwärmen. Da meine durchnässten Füsse nicht warm werden, entscheide ich mich, eine Packung von den zwei Fußwärmern, die ich dabei habe, zu benutzen. Das tut echt gut! Schade, dass das Wetter heute so schlecht war, denn die Landschaft wäre eigentlich echt toll gewesen.

06.07.2025

Der Regen hat aufgehört, dafür ist hier alles voller Nacktschnecken. Die sind echt überall und der Zeltabbau ist daher nicht gerade so angenehm. Alles ist durchnässt und das, was es nicht ist, ist zumindest klamm. Da ich kein Wasser mehr habe und die Mücken auch echt nervig sind, gehe ich einen halben Kilometer zum Atlantic Creek, wo ich mein Wasser auffülle und mit mein Oatmeal koche.

Heute geht es auf den Pitamakan Pass. Zum Glück gibt es heute deutlich weniger Gebüsch, nur der Wind ist auch wieder heftig.

Ich befinde mich halt auf der Wasserscheide der USA. Da ist das Wetter halt eher instabil. Trotz allem ist die Landschaft wieder toll und ich genieße den Aufstieg.

Nach gut 900 hm bin ich auch oben, sehe ein Murmeltier, genieße kurz die Aussicht und steige dann ab, in der Hoffnung auf weniger Wind und mehr Sonnenschein. Beides bekomme ich auch.

Ich suche mir einen gemütlichen Pausenplatz, packe alles zum Trocknen aus und mache mir etwas zum Essen. Dann geht’s weiter Richtung Two Medicine. Je näher ich dort hinkommen, desto mehr Tagestouristen treffe ich. Auch hier ist für Landschaft wieder top.

Als ich in Two Medicine ankomme, sehe ich, wie ein Ranger einen Trail absperrt. Ich frage nach und er sagt mir, dass es hier eine Bärengefahr gibt, weil dort auf dem Trail ein totes Tier liegt. So sehr ich es auch bedauere, dass ich keinen Bären gesehen habe, bin ich trotzdem froh, laut genug gewesen zu sein, dass ich keine unangenehme Überraschung erlebt habe. Ich sehe auf der Straße noch eine große Gruppe Dickhornschafe, die durch die Campingaerea wandern.

Da ich die verbleibenden Teile des CDTs bereits als „slackpack-mäßig“ als Tagestour gewandert bin, fahre ich mit einem Shuttle direkt nach East Glacier zurück und baue mein Zelt wieder bei Lunas Looking Glass Basecamp auf. Ich dusche, zieh mir die Wechselkleidung an, die für die Hiker vorgesehen ist, solange meine eigene Wäsche trocknet und bereite mich auf die nächste Etappe durch die Bob Marshall Wilderness vor.

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CDT 2025 Glacier National Park (Montana)

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